Kopierschutz für Geldscheine Hannover, 2004-01-26 (c't 3/2004, S. 44) Von Andrea Trinkwalder
Währungspolitik Bildbearbeitungsprogramme lehnen Dateien mit Banknotenmotiven ab
Nach Farbkopierern geraten jetzt auch Bildbearbeitungsprogramme, Scanner und Drucker ins Visier der Währungshüter. Ein von den Zentralbanken entwickeltes Modul verhindert die Verarbeitung von Banknoten-Bildern ein Kopierschutz, der sich recht einfach umgehen lässt. Noch.
Für Banknoten-Bonbonpapier oder Badetücher im 500-Euro-Look wird man wohl bald mehr brauchen als Photoshop und einen Scanner, denn schon die aktuelle CS-Version "unterstützt die unbefugte Verarbeitung von Banknotenbildern nicht". Mit diesem Hinweis verweigert der De-facto-Standard unter den Bildbearbeitungsprogrammen das Öffnen oder Scannen von Dateien mit Währungsmotiven. Wer mit ganz ehrenwerter Absicht Euro- oder andere Bilder für Illustrationen benötigt, kann sich die internationalen Richtlinien zur Verwendung von Banknotenbildern zu Gemüte führen und bei der zuständigen Zentralbank geeignete Vorlagen ordern. Im Übrigen handelt es sich nicht etwa um ein Alleinstellungsmerkmal von Photoshop Version 8 von Paint Shop Pro kann dem Kopiertrieb seiner Nutzer noch weniger abgewinnen, wie ein Test zeigte.
Das so genannte Counterfeit Deterrence System (CDS) wurde im Auftrag der Central Bank Counterfeit Deterrence Group (CBCDG) entwickelt, einem von den Zentralbanken der G-10 gegründeten Konsortium zur Bekämpfung von Geldfälschung. Derzeit geschieht der Einbau des lediglich als Black Box zur Verfügung gestellten Moduls für Scanner, Drucker und Bildbearbeitungsprogramme noch auf freiwilliger Basis, doch ein im Oktober letzten Jahres von der EZB verfasster Gesetzesentwurf lässt vermuten, dass es mit der Freiwilligkeit bald vorbei sein wird. Vor allem die Open-Source-Szene wird kaum begeistert sein, ihr Paradeprojekt Gimp mit einem unzugänglichen Stück Code zu verunzieren. In den Color-Multifunktionsgeräten von Hewlett-Packard verhindert eine Software bereits das Ausdrucken von Geldscheinen; bei Canon Deutschland weiß man von keinerlei Plänen in dieser Richtung.
Mit ihren Zensurmaßnahmen schießen Hersteller wie Jasc oder Adobe jedenfalls für Deutschland deutlich über das Ziel hinaus, wie auch der Bundesbankbeamte Peter Kroker vom Zentralbereich Recht gegenüber c't bestätigt. Beispielsweise dürfen in Deutschland durchaus Banknoten-Abbilder hergestellt werden, die mindestens doppelt beziehungsweise höchstens halb so groß sind wie das Original. Digitale Reproduktionen (nicht körperliche Reproduktionen), mit denen sich waschechte Blüten drucken ließen, darf man freilich nicht so ohne weiteres anlegen oder auf seinem Rechner lagern mit einer Ausnahme: Als "Zwischenstufe zur Herstellung von gesetzeskonformen Reproduktionen" sei ein solches digitales Banknotenbild durchaus erlaubt, erläutert Kroker. Derartige Zwischenprodukte müssen aber vor Missbrauch geschützt und unverzüglich nach Gebrauch vernichtet werden.
Hintertürchen
Adobe stellt klar, den Banknoten-Blocker auf Betreiben der CBCDG eingepflanzt zu haben, rühmt sich aber einer quasi minimal-invasiven Implementierung. Der einfachste Weg, auch mit Photoshop an Geld zu kommen, führt über das mitgelieferte Webgrafik-Tool ImageReady: Geldschein einscannen und per Shift+Strg+M in Photoshop öffnen fertig. Das ist nur ein Handgriff mehr. Auch über die Zwischenablage sowie Photoshops natives PSD-Format kommen Geldscheine ungeprüft ins Programm.
Wesentlich restriktiver geht Paint Shop Pro 8 mit Banknoten um: Selbst die Zwischenablage bleibt hier versiegelt. Nun könnte man die Scheinchen stückweise einscannen. Der Workaround taugt aber allenfalls als Übung für Fotomontage und Ebenentechnik, nicht jedoch für stressgeplagte Grafiker ohne Faible für kleinteilige Puzzle-Spiele.
Unsere Tests ergaben jedoch, dass das CDS mit einem recht einfachen Vorfilter arbeitet, der Dateien mit geringer Auflösung (etwa 72 dpi) anstandslos passieren lässt. Dateien mit CDS-konformer Auflösung lassen sich etwa mit dem kostenlosen Bildbetrachter XnView herstellen: Über die Twain-Schnittstelle mit hohem dpi-Wert scannen und anschließend die Auflösung auf 72 dpi setzen. Per "Öffnen mit"-Verknüpfung landet der frische Scan dann auch in Paint Shop Pro wo es das nächste böse Erwachen gibt. Auch beim Versuch, den dpi-Wert wieder hochzusetzen, unterstellt Paint Shop Pro niedere Beweggründe und verabschiedet sich anschließend mit obskuren Fehlermeldungen.
Zwar ist die Funktionsweise des CDS ein gut gehütetes Geheimnis des Bankenkonsortiums, jedoch kommt nach dem groben Auflösungstest vermutlich eine inhaltsbasierte Bildanalyse [vgl. Henning Müller, Suchen ohne Worte, Wie inhaltsbasierte Bildersuche funktioniert, c't 15/01, S. 162] zum Einsatz, bei der unverwechselbare Charakteristiken der Währungen extrahiert und mit einem handlichen, schnell zu durchsuchenden Merkmals-Index abgeglichen werden. Eine solche Charakteristik ist etwa der groß aufgedruckte Wert der Banknote. Die häufig geäußerte Vermutung, dass lediglich die über moderne Banknoten verstreuten ringförmigen Muster als Erkennungsmerkmal dienen, konnten wir im Test nicht nachvollziehen die hinterlegten Muster werden ebenfalls analysiert.
Wer wirklich Blüten drucken will, findet nach wie vor geeignete Software ernsthafte Grafiker müssen mit Einschnitten leben. Bleibt zu hoffen, dass sich in der Öffentlichkeit keine Hinnehmer-Mentalität gegenüber jeglichen inhaltsbezogenen Zensurmethoden breit macht und damit weiter gehende Begehrlichkeiten bei Behörden oder mächtigen Industrievertretern weckt. (atr)
[EuroTracer's Comment: Several modern banknotes include a little pattern of five circles resembling the stellar constellation of Orion. This was discovered by Markus Kuhn of the University of Cambridge while experimenting with a new Xerox color photocopier and a 10 euro note at the beginning of 2002. Apparently, photocopiers use an algorithm to detect a banknote, which, according to Kuhn, "looks in the blue channel of a color image for little circles and most likely examines the distance distribution encountered. I have discovered a small constellation of just five circles (a bit like Orion with the belt starts merged) that will be rejected by a Xerox color photocopier installed next door from here as a banknote. Black on white circles do not work. These little yellow, green or orange 1 mm large circles have been on European banknotes for many years. I found them on German marks, British pounds and the euro notes. In the US, they showed up only very recently on the new 20$ bill. On some notes like the euro, the circles are blatantly obvious, whereas on others the artists carefully integrated them into their design. On the 20 pound note, they appear as "notes" in an unlikely short music score, in the old German 50 mark note, they are neatly embedded into the background pattern, and in the new 20 dollar bill, they are used as the 0 of all the yellow 20 number printed across the note. The constellation are probably detected by the fact that the squares of the distances of the circles are integer multiples of the smallest one. I have later been told that this scheme was invented by Omron and that the circle pattern also encodes the issuing bank." (Posted by David Smith on 2004-01-08 at his blog.)] Original Source |